Die analoge Photographie kommt wieder in Mode. Werden auf der einen Seite die digitalen Kameras immer besser und leistungsfähiger, produzieren durch Autofokus und diverse Programme eine schier unendliche Anzahl knackscharfer, perfekt ausbelichteter Bilder, sehnen sich manche, so wie ich, nach der Langsamkeit und der realen Physis, der auf Filmmaterial festgehaltener Geschichte unseres Lebens.
Ich komme aus einer Generation, wo das Fotografieren bereits bezahlbar war. Jeder Durchschnittshaushalt besaß zumindest eine günstige Sucherkamera, mit der an Weihnachten oder auf Ausflügen Erinnerungsfotos für das Album geknipst wurden. Der Anspruch begann und endete mit dem Festhalten von Familienerinnerungen, lachenden Kindergesichtern, der Einschulung, der Taufe und vielleicht sogar Omas Beerdigung. Für den Rest der Zeit lag sie wohlverwahrt in ihrem Lederetui im Schrank, durfte nur von Vater oder Mutter aus ihrem Winterschlaf geholt werden. So war es zumindest bei uns. Der Film wurde beim Laden abgegeben und die Abzüge in ein Fotoalbum geklebt. So machten es die Eltern und so machte ich es später auch.
Meine erste Kamera bekam ich zur Konfirmation. Ich muss gestehen, dass ich bis dahin lieber zeichnete und ich habe bis heute keine Ahnung, warum die Spiegelreflex der Marke Cosina 1982 auf meinem Gabentisch lag. Ich war begeistert und fotografierte alles, was nicht bei drei auf dem Baum war. Die Bilder waren bestenfalls Schnappschüsse und irgendwann versank sie neben dem Leben, der Ausbildung und der ersten Beziehung nahezu in der Versenkung.
Als die Kinder kamen, wurde sie reaktiviert, versagte mir allerdings irgendwann ihren Dienst und wurde durch ein vollautomatisches Kleinteil ersetzt. Die Kinder wurden größer, die digitalen Kameras kamen auf den Markt und wurden bezahlbar und irgendwann gönnte ich mir eine kleine Canon. Und auf einmal wurde das Fotografieren interessant. Ein Schalter legte sich um, als ich vom Automatikmodus auf Manuell stellte und die Herausforderungen stiegen, ein vorzeigbares Bild zu machen. Und dann kam der Schwiegervater mit einer alten Contax II um die Ecke, Ich nahm sie in die Hand und mir wurde klar, dass ich gerade jetzt genau das brauchte.
Schwer, sperrig, mechanisch, ohne eine Anzeige, ob das Foto nun scharf sein würde oder ob es auch nur annähernd vernünftig belichtet sei. Ich kaufte einen Film, legte ihn ein und musste ernüchtert feststellen, dass die Zeit diesem Schatz zugesetzt hatte. Sie steht in der Vitrine und wartet darauf, dass ich sie reparieren lasse, sofern das möglich ist. Aber sie hat eine Tür aufgestoßen und seitdem finden immer mehr Kameras zu mir. Der Zeitraum, den sie abdecken, umfasst nahezu 100 Jahre Fotografiegeschichte und mit denen, die noch in Ordnung sind, fotografiere ich regelmäßig.
Analoge Photographie ist eine eher exklusive Nische geworden. Das weiß jeder, der seinen Schwarzweißfilm mal bei dm abgegeben hat und ihn nach vier Wochen für einen unglaublichen Preis abholen durfte. Ich habe weder die Geduld dazu, noch die Lust, für einen verhältnismäßig einfachen Prozess, Unmengen zu bezahlen. Ich richtete mir mein kleines Fotolabor ein, entwickelte erst in Schwarzweiß, später in Farbe und besitze nun auch eine Dunkelkammer, um Abzüge machen zu können.
So hat es begonnen. Und da ich mittlerweile viele Bilder gemacht habe und so einige Kameras ausprobiert, sprengt die analoge Photographie ein bisschen meinen Hauptblog, so dass ich mich für dieses Kindchen entschieden habe. Hier wird es Bilder geben und Infos über Kameras, Erlebnisse von meinen Fototouren oder Berichte über die entstandenen Bilder.
Ich freue mich über Mitleser, die mich in dieser Welt begleiten möchten.
Alice
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